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Samstag, 27.04.2024

FeG-Geschichte im Ãœberblick

Die Freien evangelischen Gemeinden haben ihre theologischen Wurzeln in der Reformation, der reformatorischen Gemeindebewegung (Täufer), den frühen englischen Freikirchen, dem Pietismus und den europäischen Erweckungsbewegungen. Geschichtlich gesehen sind sie im 19. Jahrhundert aus Erweckungsbewegungen hervorgegangen, die zu persönlichem Glauben, missionarischem Leben und diakonischem Handeln anregte. Das führte zur Bildung von Hauskreisen und Gemeinschaften, die zusammenkamen, um besser die Bibel kennenzulernen und ihren Glauben zu vertiefen. Manche dieser Gruppen stießen beim Studium der Heiligen Schrift auf die Fragen nach der Grundlage der verfassten Kirche. Sie erhoben die Forderung, dass die Kirche vom Staat unabhängig sein müsse, dass zu ihr nur Glaubende gehören sollten und dass die Teilnahme an Taufe und Abendmahl den Glauben an Jesus Christus voraussetze. So kam es im Zusammenhang mit der Erweckungsbewegung (Réveil) in der Schweiz, in Frankreich und Norditalien, die wesentlich durch den schottischen Kongregationalisten Robert Haldane (1764-1842) ausgelöst worden beeinflusst war, zur Bildung Freier evangelischer Gemeinden in der Schweiz: 1817 bzw. 1849 in Genf, 1829 in Bern. Vom Réveil beeinflusst, gründete im Jahr 1832 in Lyon der reformierte Pfarrer Adolphe Mo-nod (1802-1856) die freie »Église évangélique de Lyon«, nachdem er von seiner Kirche wegen der Frage "Wer darf am Abendmahl teilnehmen?" seines Amtes enthoben worden war.

Die Bildung von Freien evangelischen Gemeinden in Deutschland steht in diesem geschichtlichen Zusammenhang. Der deutsche Kaufmann Hermann Heinrich Grafe (1818-1869) lernte 1841/42 während eines beruflichen Aufenthaltes in Lyon die dissidenten (freikirchlichen) Églises évangéli-ques kennen. Von diesen Gemeinden wurde er in seinen Gedanken über die freie Gnade Gottes, über das Abendmahl als Mahlgemeinschaft der Glaubenden sowie von der Realisierung des neu-testamentlichen Gemeindemodells überzeugt. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland versuchte er, durch Mitarbeit in der Reformierten Gemeinde in (Wuppertal-)Elberfeld seine Erkenntnisse wirksam werden zu lassen. Er scheiterte an der volkskirchlichen Verfassung der Gemeinde und gründete darum nach jahrelanger innerer Gewissensauseinandersetzung um die Frage nach der Trennung von Nichtglaubenden und der Einheit von Glaubenden am 22. November 1854 die erste Freie evangelische Gemeinde in Deutschland in Elberfeld-Barmen. Verfassung und Ordnungen der neuen Gemeinde stimmten weitgehend mit dem überein, was er in der Eglise évangélique libre in Genf gefunden hatte. Die Gründe, die zur Bildung der Gemeinde führten, lagen nicht in zeitbedingten Mängeln der Volkskirche, sondern in der Überzeugung, auch in der Frage nach der Gemeinde, wie sie von Gott gewollt ist, unbedingt dem Wort Gottes gehorsam sein zu müssen. Der Austritt aus der Landeskirche und die Gründung der Gemeinde waren deshalb für sie ein "Akt des Gewissens", wie sie es in ihrem Austrittsschreiben formulierten. Sehr bald ergaben sich Kontakte zu weiteren Gemeinden und Abendmahlsgemeinschaften, die sich 1874 zu einer Vereinigung zusammenschlossen, dem heutigen Bund Freier evangelischer Gemeinden.

Im Zusammenhang mit der skandinavischen Erweckungsbewegung kam es seit der Mitte des 19. Jh. zur Bildung von selbständigen "Missions-Bund-Gemeinden" in Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden. Sie entsprachen in ihrer Struktur den schon bestehenden Freien evangelischen Gemeinden. Auswanderer aus Skandinavien gründeten ähnliche Gemeinden in Kanada und den USA. Eine internationale Zusammenarbeit der Freien evangelischen Gemeinden gab es bereits im 19. Jahrhundert. Die Bildung des heute bestehenden "Internationalen Bundes Freier evangelischer Gemeinden" beginnt mit den internationalen Konferenzen in Göteborg (1934), Prag (1936) und Malmö (1946). Die offizielle Gründungskonferenz fand 1948 in Bern statt.